Erste Haushaltsklausur unter dem neuen Ministerpräsidenten: Rechnungshof fordert weitere Reformen
Ende Juni entscheidet die Landesregierung über den Haushaltsplanentwurf für 2026. Der Rechnungshof warnt vor neuen Schulden und fordert stattdessen Nachbesserungen bei den jüngsten Reformbemühungen der Landesregierung. „Der Landesrechnungshof begrüßt die beschlossene Standortreduzierung der Vermessungs- und Katasterverwaltung sowie die Auflösung des niedersächsischen Europaministeriums. Die Strukturreformen bleiben allerdings hinter unseren Erwartungen zurück.“, so Dr. Sandra von Klaeden, Präsidentin des Niedersächsischen Landesrechnungshofs, und ergänzt: „Weitere Schritte müssen jetzt konsequent folgen. Die erste Haushaltsklausur unter Führung des neuen Ministerpräsidenten ist dafür genau der richtige Ort.“ Ministeriumsauflösung muss Personalabbau nach sich ziehen Wiederholt hatte der Landesrechnungshof die Gründung des Europaministeriums sowie die damit verbundenen zusätzlichen Personalkosten von rd. 4 Mio. € pro Jahr kritisiert und dessen Abschaffung gefordert. Dieser Empfehlung ist der neue Ministerpräsident mit Amtsantritt zwar nachgekommen, aber: „Der Rechnungshof erwartet, dass die Landesregierung die nach Auflösung des Ministeriums entbehrlich gewordenen Stellen einspart. Dies ist bislang nicht geschehen.“ so Dr. von Klaeden. 2018 waren 30 zusätzliche Stellen geschaffen worden, allein um die erforderlichen Strukturen für ein neues Ministerium aufzubauen. Innenministerium braucht Durchgriffsrechte für effektive Digitalisierung Auch den Beschluss der Landesregierung, die Bezeichnung des Innenministeriums um den Begriff „Digitalisierung“ zu erweitern, ohne dem Ministerium zentrale Entscheidungsbefugnisse gegenüber den anderen Ressorts zu geben, bewertet der Rechnungshof als ungenügend. „Nur eine zentrale Steuerung mit Durchgriffsrechten – im Zweifel auch gegen die Interessen der anderen Ressorts – kann die schleppende Verwaltungsdigitalisierung in Niedersachsen beschleunigen. Hier muss dringend nachgebessert werden.“ so Dr. von Klaeden. Neue Standortstruktur bleibt hinter Expertenvorschlag zurück Für die Vermessungs- und Katasterverwaltung entschied die Landesregierung, 14 der 53 Standorte zu schließen. Rechnungshofpräsidentin Dr. von Klaeden legt jedoch auch hier den Finger in die Wunde: „Zwei Standorte, nämlich Helmstedt und Holzminden, bleiben letztlich bestehen und werden nur in Außenstellen umgewandelt. Zudem hatte die Expertengruppe des Innenministeriums empfohlen, 17 Standorte aufzulösen. Mit weiteren Standortschließungen könnte das Land weitere Verwaltungs- und Gebäudekosten einsparen.“ Mehr Geld allein bewirkt keine schnellere Sanierung Darüber hinaus bezweifelt der Rechnungshof, dass allein mehr Geld zu einer schnelleren Sanierung von Straßen, Brücken und Gebäuden führt. Knapp 800 Mio. € könnte Niedersachsen aus dem Investitionspaket des Bundes zur Erneuerung der Infrastruktur erhalten. Jedoch: „Bleibt das Land bei seinen bisherigen Verwaltungsstrukturen, wird es für die Bürgerinnen und Bürger nicht schnell zu spürbaren Verbesserungen kommen.“ so Dr. von Klaeden und ergänzt: „Planungs- und Bauzeiten von 10 Jahren sind in Niedersachsen keine Seltenheit.“ Inwieweit die aktuellen Pläne der Landesregierung, große Neubauvorhaben künftig von einer „Niedersächsischen Anstalt für Immobilienaufgaben“ durchführen zu lassen, Abhilfe bringen, ist aus Sicht des Landesrechnungshofs noch offen. „Wir schauen uns diese Pläne genau an und werden uns im Gesetzgebungsverfahren dazu positionieren.“ kündigt Präsidentin Dr. von Klaeden an. Vor neuen Schulden auf Reserven zurückgreifen Auch warnt der Landesrechnungshof in Anbetracht der gelockerten Schuldenbremse vor neuen Krediten. Stattdessen sollte das Land zunächst seine hohen Reserven von 4 Mrd. € einsetzen. Andernfalls könnte das Land erneut in die Schuldenfalle tappen. |